Sobald Sie einen Rabatt gegeben haben, gibt es kein Zurück, ohne dabei etwas zu verlieren. Für den Kunden ist die Logik klar. Wenn Sie diesen Rabatt schon einmal gewähren konnten, warum dann jetzt nicht noch einmal? Danach gewähren Sie weitere Rabatte getrieben von günstigeren Produkten Ihrer Wettbewerber, die den Markt überschwemmen. Schließlich stellt Ihr Kunde fest, dass ein anderer Kunde einen noch höheren Rabatt erhalten hat, wofür Sie keine Erklärung haben. Ihr Price Leakage ist nun außer Kontrolle geraten!
Haben Sie diese Situation schon einmal erlebt? Leider gibt es solche Szenarien sehr häufig. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, Ihr Preismanagement wieder unter Kontrolle zu bringen. In diesem Artikel erhalten Sie Tipps, um Ihre Fähigkeit, Ihren Gewinn zu maximieren, zu verbessern.
Lassen Sie uns zuerst einige Preisbereiche analysieren, die üblicherweise das Potenzial haben, Ihr Profit Leakage (Gewinnverlust) zu stoppen:
1. Genehmigungsprozesse für Rabatte
2. Rabatte mit Kompensation durch weniger Leistungen oder Vorteile
1. Genehmigungsprozesse für Rabatte
Zuallererst darf das Preismanagement nicht in der Hand einer einzigen Person liegen. Verantwortung und Rechenschaftspflicht sollten über das gesamte Unternehmen verteilt sein, sodass Sie hohe Rabatte nur als große strategische Entscheidung gewähren. „Ja“, so ein Vertriebsleiter, „wir haben einen Genehmigungsprozess, aber nur für Schlüsselkunden und bei wichtigen Deals.“
„Bei Kleinkunden und geringfügigen Geschäften haben wir hierfür keine Kapazitäten.“ Einige Zeit später übernimmt ein Großkunde einen Kleinkunden. Überraschung! Wie sich herausstellt, hat dieser Kleinkunde über mehrere Jahre hinweg unbemerkt beträchtliche Rabatte erhalten. Der Großkunde verlangte daraufhin eine Entschädigung für entstandene Verluste. Dies umfasst sowohl alle zukünftigen Geschäfte als auch akkumulierte Verluste der vergangenen 5 Jahre. Möchten Sie sich in dieser Situation befinden? Die Entschädigungssumme war so groß, dass das Unternehmen ein Vielfaches der Investition in ein umfassendes Preismanagementsystem hätte erstatten müssen.
Angesichts dieser traumatischen Erfahrung verstand dieses Unternehmen, dass es durch einen fairen und klaren Rabatt-Genehmigungsprozess, seine Gewinne erheblich steigern oder zumindest absichern kann. Der Trick dabei ist, dass die Verkaufsteams ausreichend Spielraum erhalten, um gemäß der Preis- und Rabattrichtlinien zu arbeiten, während das Management die Verkaufsteams bei strategischen Entscheidungen unterstützen sollte, wenn die Höhe des Rabatts jenseits eines bestimmten Betrages liegt. Eine weitere gute Nachricht: Ein Preismanagementsystem ist üblicherweise nicht allzu schwierig zu implementieren, vorausgesetzt, Sie verfügen bereits über ein CRM (Customer-Relationship-Management) mit einem Angebots- und Auftragsverwaltungssystem.
2. Rabatte mit Kompensation durch weniger Leistungen oder Vorteile
„Rabatte sollten zur Erhaltung der Profitabilität vermieden werden!“ Stimmen Sie dieser Aussage zu? Im Allgemeinen ist dies richtig, es gibt jedoch eine Möglichkeit, weitere Rabatte zu gewähren und gleichzeitig Ihre Profitabilität zu steigern. Betrachten Sie beispielsweise die Produktfertigung im Hinblick auf die Servicekosten, die entstehen, damit Sie den Kundenwünschen in Bezug auf Frachtkosten, Lieferzeit, Liefermengen und Zahlungsbedingungen nachkommen.
Gewähren Sie Ihren Kunden diese „Leistungen“ gratis? Gibt es beispielsweise einen Aufpreis, wenn Sie an mehr als einen Bestimmungsort ausliefern sollen, bei einer Expresslieferung, wenn der Container nicht komplett befüllt ist, wenn die Lieferung nicht mit Ihrer Produktionscharge übereinstimmt oder wenn der Kunde erst später bezahlt?
Für Produktionsunternehmen können jene finanziellen Kosten, Logistik- und Produktionskosten gewaltig sein und Ihren Traum, den Zielgewinn zu erreichen, stark beeinträchtigen.
Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Ihrer Leistungen. Während einige von ihnen komplexe Transportanforderung haben, sind andere mit höheren Rabatten anstelle eines Full-Service-Frachtangebots zufrieden. Während so mancher Kunde Sicherheitsbestände verlangt, um eine Lieferketten-Unterbrechung zu vermeiden, bevorzugen andere niedrigere Frachtkosten, auch wenn dies längere Lieferzeiten bedeutet.
Was würde Ihrer Meinung nach passieren, wenn Sie allen Kunden bei Selbstabholung einen Rabatt von 5 % gewähren würden? Üblicherweise werden solche Kunden, die über bessere Logistikoptionen verfügen, wie eigene Transportressourcen, die möglicherweise nicht ausgelastet sind, den Rabatt annehmen und die Waren selbst abholen lassen. Natürlich haben Sie durchgerechnet, dass dieser Rabatt von 5 % geringer ist als die sonst anfallenden Versandkosten. Großartig, Sie haben Ihre Profitabilität verbessert!
Und wie wäre es nun, wenn Sie allen Kunden einen Rabatt von 5 % gewähren würden, die zwischen der Aufgabe ihrer Bestellung und der Lieferung eine Lieferfrist von 21 Tagen oder mehr in Kauf nehmen? Natürlich werden viele Kunden, die zuvor von Ihrer großzügigen Express-Option Gebrauch gemacht und auch Last-Minute-Bestellungen aufgegeben haben, sich nun bemühen, sich so zu organisieren, dass sie diesen Rabatt erhalten können. Dadurch hätten Sie die Möglichkeit, die Artikel zu diesem Liefertermin ohne anfallende Lagerkosten herzustellen. Sie haben Ihre Profitabilität erneut verbessert, ohne dabei Kundenprobleme zu verursachen. Tatsächlich können einige Kunden sogar günstigere Preise erzielen, ohne zusätzliche Kosten für Sie zu verursachen.
Alle Seiten haben gewonnen und sowohl Sie als auch Ihr Kunde haben mehr Geld verdient – ein Happy End für alle. Glauben Sie nicht auch? Am Ende sind alle glücklich, aber der erste Schritt auf dem Weg dorthin ist beängstigend. Genau dies ist der Grund, warum viele Unternehmen den ersten Schritt nicht wagen oder ihn zumindest nicht konsequent durchführen. Es ist jedoch einfacher zu implementieren als Sie denken. Für den Anfang benötigen Sie nur die richtige Methodik, um Ihre Servicekosten und die mögliche Höhe der Rabatte zu berechnen und zu analysieren. Auf diese Weise werden Sie feststellen, wie hoch Ihr Profit Leakage tatsächlich ist. Hierbei ist sehr wichtig, dass diese Methodik sich nicht nur auf die Produktion anwenden lässt, sondern auch auf die Dienstleistungsbereiche. Hier ist meine Herausforderung für Sie: Analysieren Sie jetzt Ihre Servicekosten, um zu sehen, wie viel Sie Ihren Kunden kostenfrei gewähren!
3. Customer value pricing
Ein Vertriebsleiter hat einmal gesagt: „Ich kann nicht jedem Kunden denselben Preis geben!” Genau, und das sollten Sie im Firmenkundengeschäft üblicherweise wirklich nicht tun. Den meisten Kunden mit demselben Preisgestaltungsansatz zu begegnen ist in aller Regel nicht effizient und bringt zwei Konsequenzen mit sich:
A) Sie verkaufen Ihre Produkte zu billig und reduzieren Ihre Profitabilität.
B) Sie verkaufen Ihre Produkte zu teuer und reduzieren Ihr Umsatzpotenzial oder verlieren sogar Kunden.
Darum ist die Anpassung Ihrer Preise an das Potenzial Ihrer Kunden so entscheidend dafür, Ihrer Vertriebsleistung zum Durchbruch zu verhelfen. Gewiss kann das nicht ohne eine klare und faire Logik funktionieren. Diese Logik sollte so klar und fair sein, dass Sie, wenn ein Kunde Sie fragt, warum ein anderer mehr Rabatte erhält, antworten können: „Sie können dieselben Rabatte erhalten, wenn Sie ‚X‘, ‚Y‘ und ‚Z‘ tun.“
Zuerst haben Sie mithilfe der Kundensegmentierung analysiert, wie viel potenziellen Profit der Kunde Ihnen in den nächsten 3 Jahren einbringen kann. Sie haben auch kalkuliert (in manchen Fällen abgeschätzt), wie hoch Ihr Anteil an diesem Potenzial sein wird, und was davon an Ihre Konkurrenten geht. Bingo! Die Kunden mit dem größten Potenzial und darüber hinaus diejenigen, die bei Ihnen einen substanziellen Anteil ihres Budgets (share of wallet) ausgeben, werden den höchsten Grundrabatt (Grundrabatt: Rabatt, der gewährt wird, bevor die normale Rabattpolitik angewendet wird) erhalten. Die anderen Kunden mit geringerem Potenzial und diejenigen, die bei Ihnen einen kleineren Teil ihres Budgets ausgeben, werden einen geringeren Grundrabatt erhalten. Sie informieren Ihre Kunden, dass sie mit einem Preis starten, der X% niedriger ist als bei den anderen, weil sie einen großen Wert für Ihr Unternehmen haben. Wenn sich ein anderer Kunde darüber beschwert, kein Problem: Sie erklären einfach, dass er, wenn er dasselbe Volumen kauft und denselben Anteil des Budgets ausgibt, dasselbe Rabattlevel erhalten wird.
Denken Sie daran: In der Regel werden Kunden, die größere Volumina kaufen und einen höheren Anteil ihres Budgets ausgeben, Ihnen geringere Servicekosten verursachen. Folglich verlieren Sie überhaupt nichts, wenn Sie diesen X%-Grundrabatt gewähren und vergrößern sogar Ihre Marge ein wenig, da der höhere Rabatt durch die niedrigeren Servicekosten mehr als kompensiert wird. Alle sind wieder glücklich. Ihre wertvollsten Kunden bekommen mehr Rabatt als jeder andere und Sie machen mit diesen Kunden mehr Profit als mit allen anderen in Ihrem Portfolio.
Die meisten Unternehmen haben Potenzial, ihre Profite zu steigern, indem sie Best Practices in der Preisgestaltung anwenden und ihre Preisbeobachtung mithilfe von Reports und Dashboards verbessern. Stellen Sie sich das vor! In einem umkämpften Markt und mitten in einer Krise, in der Preissteigerungen manchmal ein ferner Traum sind, geben die Vorschläge in diesem Artikel Ihnen die Chance, die Sie benötigen, um Ihr Gewinnziel zu erreichen oder zumindest zu vermeiden, dass all Ihre Anstrengungen durch ein Leck verloren gehen.
Es ist außerdem wichtig, sich bewusst zu machen, dass die 3 vorgeschlagenen Bereiche Disziplin und einen strukturierten Prozess für Ihre Preisgestaltung etablieren. Das ist ein entscheidender Schritt, wenn Sie Ihren Vertriebsprozess digitalisieren wollen.
Caio Kraemer ist ein Experte mit mehr als 10 Jahren praktischer Erfahrung in der Implementierung und Leitung von Vertriebsexzellenz-Projekten in Deutschland und der Welt. Seine 25-jährige Erfahrung erstreckt sich über verschiedene Branchen, Marktstrukturen und Verbrauchs- wie Gebrauchsgüter. Der Erfolg seiner Projekte beruht auf Leidenschaft, Pragmatismus, Know-how, Durchhaltevermögen und Veränderungsmanagement.
© KRAEMER Sales Excellence Consulting GmbH